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Zwei weitere Urteile gegen Besetzer*innen

In letzter Zeit gab es wieder zwei Gerichtsverfahren gegen Heibo-Besetzer*innen.

Verhandelt wurde weiterhin gegen die zwei Aktivist*innen denen vorgeworfen wird, sich gemeinsam in  einem Metallrohr, sogenannten Lock-On, angekettet zu haben. Bei einer der Aktivist*innen wurde im April das Urteil am Amtsgericht gesprochen, während bei der anderen Person im Mai das Berufungsurteil fiel.

Verfahren gegen UP13 am Amtsgericht

Das Urteil am Amtsgericht gleicht dem der anderen Aktivist*in: 6 Monate auf Bewährung wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in besonders schwerem Fall. Den schweren Fall hatte die Staatsanwaltschaft eingebracht, weil zwei Personen beteiligt waren.

Der Prozess am 18.04.24 vorm Amtsgericht Bautzen begann mit einer Einlassung, in der die Angeklagte unter anderem folgendes sagte:

„Einige Tage vor der angekündigten Räumung erfuhr ich von dem bedrohten Wald, Grundwasser und Moor, alles drei Güter der Allgemeinheit, relevant für das Stoppen der Menschengemachten Klimaerwärmung über 1,5 •C, ein von der EU und Bundesregierung angesetztes Ziel. So soll die Ernährung der Menschheit gesichert werden. Schon jetzt sind Menschen auf der Flucht, wegen Krieg um zu knappe Rohstoffe und Hunger. Ohne Aussicht auf ein Leben in Frieden hier in Europa. Und ein weiteres Mal steht das Interesse einzelner im Widerspruch zu diesem 1,5• Ziel, das Menschenrechte langfristig schützen soll. Ich ging also irrig der Annahme aus, dass dieses angesetzte Vorhaben, der Ausbau des Kieswerks nicht vereinbar mit den Menschenrechten, Grundrechten, und dem 1,5•Ziel der Bundesregierung währe. […] Ich informierte  meine Freunde und Bekannten. Und sah als einzigen Weg mittels Protest vor Ort Aufmerksamkeit für die Klimakrise zu schaffen. Also kettete ich mich verzweifelt wie ich war in einem Rohr mit einem anderen verzweifelten Menschen zusammen.“ 

Vorgeschichte

Die beiden Angeklagten wurden schon direkt nach der Räumung dem Haftrichter vorgeführt  und gegen eine Art Kaution unidentifiziert freigelassen wurden. Zum ersten Prozesstermin erschienen die Aktivist*innen beide, woraufhin in der Sächsischen Zeitung und anderen Zeitungen Artikel erschienen, die eine der Angeklagten aufgrund ihrer Kleidung verhöhnten und auf diskriminierende Art lächerlich machten. 

In ihrer Einlassung vom 18.04.24 sagt die betroffene Person: „Diese Verunglimpfung seitens der Presse hatte mich sehr verletzt und verängstigt. So habe ich den zweiten Termin aus Angst verdrängt.“

Als sie zum zweiten Termin nicht erschienen war, wurde der Haftbefehl wieder eingesetzt und durch weitere Ermittlungen wurden die Personalien herausgefunden, sodass sie mehrere Monate lang unter ständiger Angst vor einer plötzlichen Festnahme leben musste. Auch dies sprach sie zu Beginn des Prozesses an.

Repression und Prozess

Da ist also eine Person verzweifelt über die Zerstörung der Moore und deren globale Auswirkungen, kettet sich an, um die Verzweiflung sichtbar zu machen und wird anschließend mit einer Reihe von Repressionen überzogen: Vom Verweigern des Anrufs auf der Bullenwache über das öffentliche diskriminierende Lächerlichmachen in der Zeitung bis zum Haftbefehl und der Fahndung.

Und dann geht es im Gericht ernsthaft darum, ob sich die Gefahr für die Cops erhöht hat, weil da zwei statt einem Menschen waren oder es weil es windig gewesen sein könnte.

Dieses Ausspielen von staatlicher Übermacht gegen die vergleichsweise Ohnmacht, in der sich eine einzelne Person befindet und sich aus dieser Ohnmacht heraus entscheidet, zu einer verzweifelten Tat entscheidet, kann einen nur fassungslos zurücklassen.

Auf die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes zur Durchsetzung eines forstrechtlichen Betretungsverbots ging der Richter kaum ein. Dabei betonte die Verteidigung, dass sich weder aus den Akten, noch den Aussagen des Verantwortlichen im Landratsamt Bautzen belegen lässt, in was für einem Rahmen und auf welcher verwaltungsrechtlichen Grundlage der Polizeieinsatz durchgeführt wurde.

Richter Klinkicht war dies allerdings weiterhin egal, er entschied einfach, dass das schon so alles seine Richtigkeit gehabt haben müsse und folgt der Argumentation der Staatsanwaltschaft.

Ein*e Zuschauer*in meint zu dem Prozess: „Es wäre leicht, alles auf den Richter zu schieben und er hat ja auch wirklich Stress gemacht und Scheiße geurteilt, aber so richtig wütend macht mich eigentlich, dass das für alle Justizbeteiligten so normal erscheint. Dass dieses ganze absurde Theaterstück mit dem Titel „Gerichtsprozess“ so weit davon entfernt ist, einen sinnvollen Umgang mit Gewalt in dieser Gesellschaft zu finden, sondern im Gegenteil noch richtig viel Gewalt produziert und Herrschaft schützt. Und trotzdem reden alle von Gerechtigkeit und finden das irgendwie normal.“

Berufung von UP14 Am Landgericht

UP14 hatte ja vor einigen Monaten vor dem Amtsgericht das selbe Urteil bekommen wie UP13: 6 Monate auf Bewährung wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in besonders schwerem Fall. Nun stand die Berufunngsverhandlung an. Das Landgericht stellte gleich zu Beginn klar, dass es bisher keinen besonders schweren Fall verwirklicht sehe, aber über den Tatbestand an sich wenig Zweifel hat. Daraufhin wurde die Berufung beschränkt. Es ging also im Folgenden nur darum, ob ein schwerer Fall vorliege oder nicht. 

Der weitere Verlauf war geprägt von vielen Unterbrechungen und technischen Problemen beim Abspielen von Videos. Geladen waren zwei Pozileizeugen, die bei der Räumung direkt beteiligt waren.

Bemerkenswert war, dass die Staatswanwältin in der Pause den Polizeizeugen einmal erklärte, was sie mit deren Hilfe beweisen wolle und auf Nachfrage „nur erklärt hätte, was die Staatsanwaltschaft vorhabe“ und dass das ja ihre „Hilfsbeamten oder Ermittlungsbeamten“ seien. Und natürlich ist uns klar, dass Polizeizeugen gern im Sinne der Staatsanwaltschaft reden, aber rein theoretisch gesehen sind sie doch schon als Zeugen geladen und es gibt Gründe dafür, dass sie vor ihrer Befragung nicht im Saal sitzen dürfen.

Auch bei der Vernehmung versuchte die Staatsanwältin in gewohnter Manier, mit juristisch fragwürdigen Suggestivfragen Aussagen aus den Polizeizeugen hervorzukitzeln, die ihre absurde Behauptung eines besonders schweren Widerstands untermauert hätten.

Am Ende kam es zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen, was für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wegen Lock-On immer noch happig ist, aber immerhin der Bewährungsstrafe des Amtsgerichts widersprach.

Allerdings ist das jetzt wieder viel Geld. Damit wollen wir die Aktivist*in gerne unterstützen, deswegen sind wir immernoch am Spenden sammeln. Unter anderem gibt es am 29.05. ein Solikonzert mit Arbeitstitel Tortenschlacht im AZ Conni in Dresden.