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Vierter Verhandlungstermin zum Widerstandsvorwurf


Am 30.11. um 11 Uhr fand im Amtsgericht Bautzen ein weiterer Verhandlungstermin im Zusammenhang mit der Räumung des besetzten Waldstücks in der Lausnitzer Heide bei Ottendorf-Okrilla im letzten Februar statt.
Der angeklagten Person wird Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen, weil die Person sich in einer Betonkonstruktion angekettet habe.


An diesem Termin ging es zunächst um die Ereignisse des 10.11., als bei einem für 10 Minuten angesetzten Schiebetermin eine Falle vorbereitet wurde, um die Identität der bis dahin anonymen angeklagten Person herauszufinden (siehe letzter Blogbeitrag https://heibo.noblogs.org/blog/).
Wie sich in der Zwischenzeit rausgestellt hat, beließen es Gericht und Polizei an diesem Tag nicht bei der fragwürdigen, aber recht erfolglosen ED-Behandlung, sondern observierten die angeklagte Person auf ihrem Heimweg. Auch wenn die Cops zu langsam waren, um die Person noch in Dresden aufzuhalten,ließen sie sie später an einem anderen Bahnhof von der Bundespolizei aus dem Zug fischen und erneut einer ID-Kontrolle unterziehen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Person bereits wieder einen Perso dabei, weswegen der Prozess seitdem nicht mehr gegen Anonym geführt wird.
Dieses Vorgehen des Gerichts wurde vom Anwalt der Beschuldigten als unverhältismäßig kritisiert, während die Staatsanwältin nur einen angeblich „massiven Widerstand“ der Person bei der ID-Behandlung anprangerte.
Da für die Staatsanwältin auch das Festketten und die damiteinhergehende Immobilisierung bei einer polizeilichen Maßnahme einen strafbaren Widerstand darstellt, wundert es kaum, dass der Bericht, die Person habe beim Versuch der Entnahme von Fingerabdrücken ihre Fäuste geballt und beim Fotos machen das Gesicht verzogen, extrem kriminell und widerständig erscheint.
Kurios war außerdem, dass der Polizeizeuge, der sowohl bei der Räumung, als auch am 10.11. für die ED-Behandlung zuständig war, immer noch nicht mit 100%iger Sicherheit sagen konnte, dass es sich bei der Angeklagten wirklich um die im Heibo geräumtge Person handelt.
Als diese Ereignisse nach Ansicht des Richters ausreichend besprochend waren, wurde ein weiterer Polizeizeuge der Räumung gehört.
Wie alle zuvor gehörten Polizeizeugen konnte er die Angeklagte nicht eindeutig wiedererkennen, berichtete aber, dass die Person, die er aus dem Lock-on geschnitten hatte, sich passiv verhalten hätte und die Struktur stabil gewesen sei. Somit habe keine Gefahr für die eingesetzten Cops bestanden. Laut dem Copzeugen war die Entfernung des Lock- Ons nur auf der Struktur selbst möglich, da die Person nicht im Lock-On geräumt werden konnte, insgesamt dauerte das Aufschneiden des Lock-Ons wohl 30-40 Minuten.
Als nächstes beantragte die Verteidigung, unseren Blogbeitrag https://heibo.noblogs.org/warum/ als Beweismittel einzuführen, um damit einen rechtfertigenden Notstand nach §34 StGB zu begründen, der die angebliche „Widerstandshandlung“ auch juristisch als legitim erkären würde.
Die Verteidigung bezog sich hierbei vor allem auf ein Urteil aus Flensburg, in dem eine Baumbesetzung und der damit einhergehende „Hausfriedensbruch“ als Abwehrhandlung gegen den Notstand der Klimakatastrophe straffrei blieben. (https://taz.de/Urteil-zu-Baumbesetzung/!5890379/).
Nachdem also minutenlang über die existenzielle Bedrohung der Klimakatastrophe, ihren Zusammenhang mit der Zerstörung von wichtigen Co2-Speichern und die Legitimität des Widerstands dagegen geredet wurde, hielt es die Staatsanwältin noch für wichtig, darauf einzugehen, dass die angeklagte Person das ja auch ganz anders sehen könnte, dass die Aktivist:innen im Heibo organisiert gehandelt hätten und dass diese Organisierung wie bei den Aktivist:innen der Letzten Generation den Straftatbestand §129 einer „kriminellen Vereinigung“ darstellen könne.
Anschließend gab es eine Pause, nach der zwei weitere Zeugen geladen waren, ein weiterer Cop und ein Mitarbeiter des Landratsamts Bautzen, die vor allem über die Durchsagen befragt wurden, die am 15.02. vor Vollstreckung der Räumung gemacht wurden.
Nachdem es ausgiebig um die Positionierung des Lautsprecherwagens, die Hörbarkeit der Durchsagen in entfernten Ecken der Besetzung und den verlesenen Text ging, stellte der Richter noch ein paar sehr interessierte Nachfragen zu den Feuerstellen vor Ort und wollte vor allem wissen, was da wohl verbrannt wurde und ob es nicht etwa CO2 ausgestoßen hätte. Außerdem betonte der Vertreter des Landratsamts Bautzen, wie sehr man darauf geachtet hätte, ob noch ein einstweiliger Rechtsschutz verhängt würde, was angeblich zur sofortigen Unterbrechung des Einsatzes geführt hätte und zeigt, dass es sich manchmal lohnen kann, diesen juristischen Schritt noch zu gehen, selbst wenn es sehr kurzfristig vor, oder gar während des angekündigten Räumungstermins ist.
Außerdem machte die Verteidigung noch einmal darauf aufmerksam, dass selbst wenn die angeklagte Person nur fälschlicherweise angenommen hätte, dass ein einstweiliger Rechtsschutz verfügt und die Räumumg damit rechtswidrig geworden wäre, die Strafbarkeit der Widerstandshandlung sehr fragwürdig wäre (gem.§ 113, Abs.4 StGB).
Als die Verhandlung sich dann dann kurz vor zwei Uhr der Drei-Stunden-Marke näherte, war der Richter erneut sichtlich reizbar und hatte keine Lust mehr, weiterzumachen.
Die Urteilsverkündung wurde damit auf den 18.12. vertagt.